„Manchmal will ich schreien“

Uns haben drei Student*innen des Studiengangs Motion Pictures an der Hochschule Darmstadt angeschrieben. Sie drehen im Oktober ihren Bachelor-Abschlussfilm „Manchmal will ich schreien“. In dem Film geht es um zwei Geschwister, die vor acht Monaten ihre Mutter verloren haben. Jedes Familienmitglied geht anders mit der Trauer um und so gibt es eine immer größere Distanz an unausgesprochenen Gefühlen. Die Geschichte basiert auf eigenen wahren Erlebnissen – erste Eindrücke gibts im Trailer (https://youtu.be/G8PoDT2P-p4) .

Damit sie das Projekt realisieren können, kann man sie noch 14 Tage auf “Startnext” mit einer kleinen oder großen Spende unterstützen (https://www.startnext.com/manchmalwillichschreien). Für jeden gespendeten Euro bekommen wir von der Stiftung KulturMut 50 Cent dazu. Unterstützen lohnt sich also doppelt! Vielleicht habt ihr ja noch Ideen, an wenn dieser Aufruf noch weitergeleitet werden könnte? Man findet das Projekt auch auf Instagram und Facbook.

Wir finden es eine tolle Sache und sind gespannt, wie der entstandene Film dann wirken wird! Ihre Absicht ist es auf jeden Fall, dem Tabuthema Tod und Trauer entgegen zu wirken und sie denken, dass sie es durch eigene Erfahrungen und einfühlsame Schauspieler*innen zu einem schönen Projekt machen können. Vielleicht können wir ja dann, wenn es soweit ist, auch eine Vorführung in Freiburg organisieren? 🙂

Entdeckung geteilt von Emilia

Ein Engel

Ein Engel, der dir richtig zuhört,

der das verjagt, was dich nachts in deiner Ruhe stört,

ein Engel, der dich mal im Arm hält

und der im Winter deine Heizung auf „warm“ stellt.

Ein Engel, der dir einen Brief schreibt,

der mit dir wach bleibt, wenn die Angst dich umtreibt,

und der sich für dich den Kopf zerbricht.

Du sagst, diesen Engel gibt es nicht.

Ein Engel, der dir wieder Mut macht

und diesen Job immer wieder richtig gut macht,

ein Engel, der dir einen ausgibt

und dich bei Sonnenschein energisch aus dem Haus schiebt.

Ein Engel, der dir freundlich zuwinkt,

mit dir Kaffee trinkt, dich zu deinem Glück zwingt

und der manchmal mit dir Klartext spricht.

Du sagst, diesen Engel gibt es nicht.

Doch dieser Engel ist da,

um dich zu schützen und zu halten.

Dieser Engel ist da,

jeden Tag, in verschiedenen Gestalten.

Er lässt dich nie im Regen stehn.

Er lässt dich nie allein.

Doch ist er leicht zu übersehn,

denn er kann überall sein.

(Wise Guys)

Entdeckung geteilt von Emilia

Über die Geduld

Man muss den Dingen
die eigene, stille
ungestörte Entwicklung lassen,
die tief von innen kommt
und durch nichts gedrängt
oder beschleunigt werden kann,
alles ist austragen – und
dann gebären…

Reifen wie der Baum,
der seine Säfte nicht drängt
und getrost in den Stürmen des Frühlings steht,
ohne Angst,
dass dahinter kein Sommer
kommen könnte.
Er kommt doch!

Aber er kommt nur zu den Geduldigen,
die da sind, als ob die Ewigkeit
vor ihnen läge,
so sorglos, still und weit…

Man muss Geduld haben
Mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache
geschrieben sind.

Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein.

(Rainer Maria Rilke)


Entdeckung geteilt von Emilia

Ist Trauer ein Tabuthema?

In den sozialen Medien schreiben Menschen immer häufiger über ihre Schicksalsschläge. Sie versuchen ihre Gefühle in Worte zu fassen. Das Magazin der Süddeutschen Zeitung geht in der Ausgabe am Freitag, 14. Januar 2021 der Frage nach, wie sich der Umgang mit Trauer in unserer Gesellschaft verändert.

In dem Essay wird auch der britische Lyriker W. H. Auden zitiert, der in seinem Gedicht über das Trauern schrieb:  

„Lasst Flugzeuge kreisen, klagend im Abendrot / An den Himmel schreibend die Botschaft: Er ist tot / […]  Verhüllt den Mond und nieder reißt die Sonn‘ / Fegt die Wälder zusammen und gießt aus den Ozean / Weil nun nichts mehr je wieder gut werden kann.“

Entdeckung geteilt von Carola

„Ein Gespräch wie unter Freunden“

Johannes, ein bereits langjähriges Mitglied von „Trauer Leben Freiburg“ hat an einem tollen Projekt des Selbsthilfebüros Freiburg zum Stadtjubiläum der Stadt Freiburg mitgewirkt:

Gemeinsam mit Mitgliedern aus diverse anderen Selbsthilfegruppen wurde ein kurzer Film zur Arbeit und Angebote von Selbsthilfegruppen erstellt. Begleitet wird die Veröffentlichung des ziemlich professionell gewordenen Clips auf Youtube mit einer Plakataktion: im Januar 2021 könnt ihr sie überall in der Stadt stehen! Wow! Wer zuerst eines davon – vielleicht sogar Johannes – entdeckt, kann es gerne in unserer Whatsapp-Gruppe posten 😉

Teilt und postet auch gerne den Clip!

Entdeckung geteilt von Emilia

Zeit vergeht.

vergeht
wie ein atemzug, wie wellen, wie das meer. vergeht, hinterlässt, fragt nicht mehr,
ist leicht. vergeht wie anfang und ende, wie laub, wie blütenstaub.
vergeht als ganzes und als teil, vergeht auch in mir, wie traurigkeit.
fragende unruhe, wie suchen, wie vertrauen, wie hoffnungslosigkeit.
vergeht und wird wunder, wie rund es auch ist. bist du beständig, wo du nun bist? geheime flaschenpost im meer, wieder wellen, widerwillen, wieder weite, horizont und tiefe – was bleibt mir noch hier?
inzwischen auch ahnend, nicht wissend, nur fragend. nirgends und nie alt genug für den verlust habe ich dich im herzen behalten. sandspiralen, wortlaut, stimmhaft. finde haarlocken, die farben im inneren, unsere zeit. finde auch trost wie ein bett aus federn. du schläfst unter dem großen baum, wieder kind, auch atem.
ich werde dort bleiben und sagen, mein bruder schläft hier. vergehend auch ich und immer wieder wartend
auf wunder von dir.

Zeit vergeht. Am 12. August 2020 ist mein Bruder nun schon sechs Jahre in der anderen Welt, die mich sanft berührt und umgibt. Die Liebe und Dankbarkeit bleiben, auch wenn sich Orte, Inhalte, Menschen verändern und ich immer wieder neu lerne, dem Kompass im Herzen vertrauen zu können. Am 12. August war ich mit meiner Familie zusammen, wir waren den Bergen nahe, der Sonne, dem Wasser und nachts den Sternen. Das Leben hört nicht auf, schön zu sein, und es sagt: „Weiter, mit allem, was ihr in euch tragt.“ So ist jeder Todestag auch eine Geburt von etwas Neuem – letztendlich dieser tiefen Wahrheit, genau jetzt ganz lebendig zu sein.

Gedanken geteilt von Ida

Rückblick auf fünf Monate „Entwicklungszeiten“

Was sind meine Gedanken nach den letzten fünf Monaten im vierten Zyklus des Programms „Entwicklungszeiten – Was ist deine Geschichte?“:

Insgesamt hat mich die Entwicklungszeit auf den richtigen Weg gebracht. Es fühlt sich gut an, den Schritt nach 20 Jahren nun angebrochen zu haben. Ich weiß, dass ich noch viel Trauer in mir habe, die hinaus ans Licht möchte. Das merke ich auch, weil es gerade viele Tage gibt, an denen ich einfach aus dem Nichts feuchte Augen bekomme… Sehr gerne würde ich mich von euch daher erneut an die Hand nehmen lassen… bei einer neuen Entwicklungszeit.

Ein neuer Zyklus beginnt im September 2020 – es sind noch wenige Plätze frei. Anmeldung und mehr Informationen hier.

 

Gedanken geteilt von Lisa

Ein Gedicht voller Weite…

Wolken atmen

ein aus

tief und fließend

beständig

umgeben von Himmel sein

von den Engeln, die im Himmel sind

umgeben sein und Himmel atmen

(Ida)

Gedicht geteilt von Ida

Abschiedsfeiern, Beerdigungen und Trauer in Zeiten von Corona

Wie kann in diesen Zeiten der Abschied von einem verstorbenen Menschen aussehen? Was bedeuten die strikten Beschränkungen für uns Trauernde? Welche Möglichkeiten gibt es, Trauer in Zeiten von Corona zu leben?

In diesem Artikel der Süddeutschen Zeitung, erschienen am 8. April 2020, spricht der Priester, Arzt und Psychoanalytiker Eckhard Frick über Beerdigungen und Trauer in Zeiten von Corona.

Auch die Freiburger Trauerrednerin Birgit Aurelia Janetzky hat dazu interessante Gedanken und persönliche Erfahrungen auf ihrem Blog veröffentlicht.

Die 26-jährige Bestatterin und freie Trauerrednerin Laura Schröer erzählt aus ihrem Alltag in einem südbadener Bestattungsinstitut in diesen Zeiten in einem Gespräch auf fudder.de am 11. Mai 2020.

Entdeckungen geteilt von Emilia

 

Über den Verein für Psychosozialbildung

Psychosozialbildung – Was für ein sperriger Begriff. Aber nach deutscher Sprachlehre einwandfrei. Der Begriff trifft ziemlich präzise das, was dahintersteht, nämlich Bildung über die Psyche in sozialen Kontexten. Gut, dass das geklärt ist. Oder nicht? Nur, weil man nach den Regeln der Grammatik die Bestandteile zusammengesetzter Substantive identifizieren kann, bedeutet das nicht zwingend, dass man dadurch die totale Erleuchtung erfährt. Denn die Summe der Einzelbestandteile bleibt meist hinter dem zurück, was ihre Zusammensetzung ausmacht. Okay deutsche Sprache, auch das schaffst Du eloquent: Mit vielen Worten nichts zu sagen. Ich will nicht länger um den Brei herumreden – ich weiß auch nicht so genau, was Psychosozialbildung bedeutet.

Aber das will ich rausfinden und das Wort mit Leben füllen.

Nachdem meine Schwester Lotti im Sommer 2019 verstarb, wurde mir im Laufe des Trauerprozesses klar, dass sie Vorstellungen davon hatte, wie die Welt ein wenig besser würde. Missstände, die ihren Weg kreuzten hatte sie schnell festgenagelt und angeprangert. Dabei handelte es sich in erster Linie um Themen rund um psychische Erkrankungen, das damit verbundene mediale und gesellschaftliche Stigma, und die damit zusammenhängende Tabuisierung. Sie half vielen, die sich nicht selber helfen konnten, klärte auf, kämpfte. Das tat sie in ihrem Lebenskosmos immer dort, wo sie war und wo es sich aufdrängte.

Nach ihrem Tod fühlte ich mich dazu berufen, ihr Anliegen aufzugreifen und weiterzuführen. Ich hätte das natürlich schon gerne mit Lotti gemeinsam zu ihren Lebzeiten getan, denn sie wäre die beste Partnerin für dieses Vorhaben. Nun tue ich das alleine, und doch mit Lotti. Das ausgerufene Ziel ist die Institutionalisierung von Lottis Anliegen, aber ganzheitlicher.

Fachleute auf einer Konferenz der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention sagten mir im Herbst 2019, dass das laienhafte Wirrwarr, das ich unbeholfen versuchte zu artikulieren, unter den Begriff der psychosozialen Bildung zu fassen sei. Seitdem muss ich nicht mehr jedes Mal das Wirrwarr wiedergeben, wenn ich gefragt werde, was das Ziel sei, sondern sage entschieden: »psychosoziale Bildung«. Aha, und was ist das? Zurück zum Wirrwarr.

Psychosozialbildung meint die Bildung, also vor allem die Vermittlung von Fähigkeiten, die Menschen benötigen, um verschiedene Lebenssituationen zu bewältigen, also Lebensbewältigungsstrategien. Dazu gehört auch die Förderung von Selbstkompetenzen und von Resilienz, also der inneren Widerstandsfähigkeit. Der Mensch soll mit sich selbst im Kontakt sein, sich kennen, auf sich hören und sich gut behandeln. Es geht darum, die Grundlage für alles andere im Leben zu schaffen. Oder besser gesagt, die eigentlich bei jedem bestehende Grundlage nachhaltig auszubauen, zu stabilisieren. Was wie ein Infrastrukturprojekt klingt, ist genau das; denn die Psyche ist in jeder Sekunde unseres Lebens bei uns. Sie ist unsere Infrastruktur – jedenfalls ein wesentlicher Teil von ihr. Sie entscheidet nicht über das, was auf uns im Leben zukommt – vieles davon wird unsrem Einfluss entzogen und wir ohnmächtig sein – aber sie entscheidet darüber, wie wir dazu stehen, wie unsere Gedanken dazu sind, ob wir aufstehen.

Das Projekt soll obengenannte Anliegen in positiver Weise verfolgen. Deswegen sollen Fähigkeiten vermittelt werden, die in schwierigen Lebenssituationen weiterhelfen. Das kann man ruhig unter dem Dogma der »Hilfe zur Selbsthilfe« verorten. Die Effekte psychischer Gesundheit sind weitreichend: Sie ist nicht nur offensichtlicher Garant für geringere Suizidzahlen, sondern leistet nebenher Generalprävention, etwa indem das Risiko, an Krebs zu erkranken erheblich gesenkt wird, ebenso wie für viele weitere somatische Erkrankungen.

Langfristig soll eine Stiftung diese Arbeit betreiben. Da man derzeit 50.000 EUR bis 100.000 EUR zur Ausstattung des Stiftungsvermögens benötigt, wird zunächst ein Verein gegründet, der mit der Öffentlichkeitsarbeit und der Umsetzung einiger Ziele bereits beginnen und dabei die Errichtung der Stiftung ideell und organisatorisch vorbereiten soll. Nach Errichtung der Stiftung wird der Verein in einen Förderverein der Stiftung umgewandelt und bleibt weiter bestehen. Die Satzungen sind geschrieben, das Finanzamt hat vorläufig bestätigt, dass das Gemeinnützigkeitsrecht eingehalten wird und die Gründungsmitglieder sind in den Startlöchern. Sobald die Coronakrise es zulässt, wird der Verein gegründet.

Lotti und ich würden uns darüber freuen, wenn Ihr das Projekt als Beobachter begleitet oder noch besser, daran mitwirkt. Erzählt immer gerne davon weiter, sollte sich eine Gelegenheit dafür ergeben. Wir suchen natürlich besonders hilfsbereite Fachleute und Menschen aus der Öffentlichkeit, in erster Linie aber Interessierte.

Wer interessiert ist, kann sich gerne die Website ansehen und sich dort für den monatlichen Newsletter anmelden. Sobald wir gegründet sind, werden natürlich auch Spenden und Mitglieder gesucht.

 

Gedanken geteilt von Daniel